Pfarrer Dr. Werner Konrad aus Viechtach sprach auf Einladung des Pfarrgemeinderates Hengersberg in Kooperation mit der Katholischen Erwachsenenbildung im Landkreis Deggendorf über den Mitgliederschwund in der katholischen (und sicher auch der evangelischen) Kirche. Vor zahlreichen Gästen legte er in faszinierender, freier Rede dar, welch großer Verlust seiner Meinung nach die Erosion an Religion, Christentum und Kirche darstellt und noch mehr in der Zukunft bedeuten wird.
Vor der von Frankreich ausgehenden Aufklärung im 18. Jahrhundert hatte die Kirche eine Monopolstellung inne, sicher wurde diese vom Klerus auch missbraucht, um ihre Macht zu festigen.
Zunehmend setzte sich ein Pluralismus an Meinungen durch und der Mensch wurde zum Maß aller Dinge (Humanismus) mit bis heute andauernden, zunehmend größer werdenden Auswirkungen auf Kreatur und Natur, so dass die reelle Gefahr der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen auf der Erde besteht.
Hinzu kommt der Hedonismus, d. h. der Mensch strebt nur nach Genuss, Glück und Freude bzw. Lusterfüllung; Schmerz, Kummer und Leid dagegen sollen vermieden werden.
Dagegen steht die Religiosität, die Ehrfurcht und Demut vor Gott, Mitmensch und Schöpfung auszeichnet. Der Referent sprach dabei sehr deutlich an, dass im Namen von Religionen aber auch viel Grauenvolles verübt wurde und noch wird.
Unser Christentum begründet sich auf den Menschen Jesus von Nazareth, der ein Prophet und Provokateur war. Er wandte sich den Menschen an den Rändern der Gesellschaft zu: Armen, Sündern, Prostituierten…
Insofern begründete das Christentum die elementaren Menschenrechte. Jeder Mensch ist wertvoll und von Gott geliebt, ganz ohne eigenes Dazutun und unabhängig von seiner Leistung — eine wahrlich revolutionäre Gesinnung.
Jesus wollte ganz sicher keine Kirche gründen, betonte Dr. Konrad. Aber ohne die Institution Kirche wäre Jesus längst vergessen und es gäbe das Christentum nicht.
Die Kirche schenkt ihren Mitgliedern eine wunderschöne Liturgie mit großartiger Kirchenmusik und herrliche Kunst in Form von Gotteshäusern verschiedenster Stilepochen. Das sozial-karitative Engagement der Kirche in der Caritas, bei den Tafeln oder für Flüchtlinge ist enorm wertvoll. Die Seelsorge der hauptamtlichen Mitarbeiter hilft unzähligen Menschen in schwierigen Lebenssituationen, in hohem Maße z. B. beim Tod eines lieben Angehörigen oder Freundes.
Das Resümee des Referenten und wohl auch der Zuhörer war, dass das Schwinden von Religion, Glaube und Kirche in unserer Gesellschaft ein großer Verlust ist. Die Zeit der Volkskirche ist vorbei.
In der anschließenden regen Diskussion wurde deutlich, wie sehr die Zuhörer mit ihrer Kirche ringen, aber trotzdem an ihr festhalten.
Die Bildungsbeauftragte der Pfarrei Hengersberg, Christine Kremheller, bedankte sich bei Werner Konrad für einen bereichernden Abend mit unterschiedlichen, persönlichen Sichtweisen auf das Thema.
Christine Kremheller
Referent Dr. Konrad mit Christine Kremheller, Foto Josef Kremheller.